Uhren-Museen

Das hier soll keine Neuauflage von Christian Pfeiffer-Bellis Buch "Uhren-Museen" [CPB1992] werden. Ich möchte hier nur meine persönliche Kritik zu einigen von mir besuchten Museen abgeben, natürlich aus der Sicht eines Sammlers elektrischer Uhren.

Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen

Dies ist natürlich ein absolutes Muss! Eines der wenigen Museen, mit einer eigenen Abteilung für elektrische Uhren. Dort sind auch die Grundlagen der Elektrotechnik "zum Anfassen", also mit kleinen Experimenten erklärt. Einen Katalog gibt es leider nicht, dafür aber die Broschüre "Zeit und Mikroelektronik" von Beatrice Techen [Techen1987]. Wahrscheinlich ist sie immer noch vergriffen, aber online im Internet verfügbar: Zeit und Mikroelektronik

Bei meinem vorletzten Besuch im Dezember 2004 waren einige Vitrinen neu gestaltet worden. Die Vitrinen "Auf dem Weg zur Quarzuhr" und "Elektrische und elektronische Armbanduhren" enthielten eine nahezu komplette Übersicht über die Entwicklung der elektrischen Uhr. Insbesondere werden dort nicht nur die kompletten Uhren sondern auch die einzelnen Werke vorgestellt. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch im Depot die Neuerwerbung besichtigen: eine Alexander Bain von 1850 aus der Versteigerung des Time Museum.

Mittlerweile gibt es auch wieder Führer durch spezielle Teile der Sammlung. Besonders hervorheben möchte ich die beiden Hefte "Moderne Zeiten, Zeitmessung auf dem Weg in die Gegenwart" von Johannes Graf [Graf2006] und "Eine kurze Geschichte der Armbanduhr" von Katrin Hunhold und Eduard Saluz [Hunhold2006], die beide auch Informationen über elektrische Uhren enthalten. Außerdem sind an einzelnen Vitrinen und Ausstellungsstücken erklärende Flyer mitzunehmen. Leider sind jetzt aber die oben erwähnten Experimente zu den Grundlagen der Elektrotechnik verschwunden.

Homepage: www.deutsches-uhrenmuseum.de

Uhrenindustrie Museum Villingen-Schwenningen

Hier geht es weniger um Uhren, als vielmehr um ihre Produktion. Diese wird durch einen riesigen Maschinenpark greifbar gemacht. Viele andere Schaubilder und Tafeln verdeutlichen auch die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in der Zeit der Industrialisierung bis zum Niedergang der deutschen Uhrenindustrie. Unbedingt sehenswert!

Das Museum besteht jetzt (2004) genau 10 Jahre. In dieser Zeit habe ich es bereits vier mal besucht und war jedes Mal fasziniert davon, die Maschinen in Funktion zu sehen. Mittlerweile gibt es auch einen lesenswerten Katalog zu Ausstellung.

Homepage: www.uhrenindustriemuseum.de

Nederlands Goud-,  Zilver- en Klokkenmuseum Schoonhoven NL

Ich glaube, die Besuche in diesem Museum haben mich erst zum Sammler gemacht. Es ist vergleichsweise klein, die Uhrensammlung ist aber gut gepflegt und enthält einige Raritäten aus dem Bereich "elektrische Uhren". Da sind zum Beispiel zwei Taschenuhren, die als Prototypen schon um 1910 gebaut worden sind [Doensen1994]. Oder es gibt eine Standuhr von F.C. de Jong von 1866.

Ein Auge haben sollte man auf die Sonderausstellungen. 1985 gab es eine Ausstellung mit dem Titel "Elektrische tijdaanwijzing". Der Katalog ist wahrscheinlich noch erhältlich [Mulder1984]. 1997 hat Pieter Doensen die in seinem Buch [Doensen1994] abgebildeten Uhren in einer einmaligen Ausstellung präsentiert.

Eine Beschreibung der Sammlung befindet sich in:

Bei meinem letzten Besuch am 5. September 2006 konnte ich den neu gestalteten Uhrensaal besichtigen.

Klokken weg, alles zilver wat er blinkt

Das Museum hat sich in "Nederlands Zilvermuseum" umbenannt und den Uhrensaal geschlossen. Die "Stichting Museum en Archief van Tijdmeetkunde (SMAT)" versucht aber wieder ein neues Uhrenmuseum zu eröffnen.

Homepage. www.zilvermuseum.com

Uhrenmuseum Wien

Im neugestalteten Untergeschoss des Wiener Uhrenmuseums wird zur Zeit (bis 16. März 2003) "live" die "Kunst- und Prunkuhr der Wiener Weltausstellung 1873" restauriert. Mit etwas Glück kann man (wochentags) dem Uhrmacher bei der Arbeit zuschauen, sonst nur die zerlegten Einzelteile besichtigen.

Die wenigen elektrischen Uhren sind im dritten Stock bei den "Raritäten" zu sehen. Dort finden sich auch einige experimentelle Pendeluhren von Satori. Unter den Armbanduhren im Nebenraum sind auch einige elektrische und elektronische Uhren zu sehen, die aber zum Teil auch noch falsch beschriftet sind.

Trotzdem gehe ich immer wieder gerne in dieses Museum und schaue mir die zahlreichen Wiener Regulateure und Jugendstiluhren an.

Homepage: www.wienmuseum.at/de/standorte/uhrenmuseum.html

P.S. Ganz in der Nähe befindet sich das Dorotheum, eine ehemalige Pfandleihanstalt und jetzt ein renommiertes, privatisiertes Auktionshaus. In dessen Ausstellungsräumen kann man immer zahlreiche Uhren besichtigen. In der Umgebung haben sich auch zahlreiche Antiquitätenhändler angesiedelt, sodass sich ein Bummel durch Wien immer lohnt. Insbesondere die Ausstellungsräume von D&S Antiques in der Dorotheergasse 13 sollte man sich nicht entgehen lassen. Die haben schon Museumsqualität.
[Update] D&S Antiques ist leider mittlerweile geschlossen.

Deutsches Museum München

Die Uhrensammlung des Deutschen Museums beinhaltet einige herausragende Riefler-Uhren und Uhrenanlagen, die aber schlecht gewartet und nur zum Teil lauffähig sind. Dies war jedenfalls der Eindruck bei meinem letzten Besuch, der aber schon einige Jahre her ist. Vielleicht ist nach Renovierung der Webseite, auch die Uhrensammlung in einem besseren Zustand.

Homepage: www.deutsches-museum.de/ausstellungen/mensch-umwelt/zeitmessung

Eine Beschreibung der Sammlung findet sich in:

Musée des Arts et Métiers Paris

Das "Museum für Kunst und Handwerk" ist eigentlich ein Technikmuseum ersten Ranges. Für mich ist es nach dem Musée d'Orsay das schönste und wichtigste Museum in Paris. Zugegeben, elektrische Uhren findet man hier nur wenige. Aber im Bereich "Wissenschaftliche Instrumente" sind Uhren von Beguet, Berthould und anderer zu bewundern.

Höhepunkt ist ein Nachbau des Foucault'schen Pendels. In der Apsis der Kapelle aufgehangen, pendelt es mit einer Frequenz von mehreren Sekunden hin und her und kippt alle paar Minuten eines der im Kreis aufgestellten Klötzchen um.

Homepage: http://www.arts-et-metiers.net

Mathematisch-Physikalischer Salon, Dresden

Bei einem Besuch in Dresden landet man zwangsläufig im Zwinger. Dort gibt es bestimmt auch hübsche Bilder zu sehen, aber mich zog es doch zuerst in den wenig besuchten Mathematisch-Physikalischen Salon. Diese Sammlung  ist aus der Kunstkammer hervorgegangen, die Kurfürst August 1560 gegründet hatte. Sie war von Anfang an auf Technik und praktische Wissenschaften ausgelegt und enthielt bzw. enthält noch eine Vielzahl von Werkzeugen und astronomischen bzw. geodätischen Instrumenten. Herausragend ist auch die Sammlung von Erd- und Himmelsgloben, die zu den erstrangigen dieser Art in Europa gehört.

Im Obergeschoss befindet sich dann der Uhrensaal. Die Sammlung stammt diesmal ausnahmsweise nicht von August dem Starken, sondern ist seit dieser Zeit kontinuierlich gewachsen. Auch zu Zeiten der DDR wurden immer wieder fehlende Stücke hinzugekauft, sodass insgesamt eine relativ vollständige Übersicht über die Zeitmessung zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert entstanden ist. Leider sind auch hier viele Stücke im Krieg verloren gegangen oder in der Bombennacht 1945 schlichtweg verbrannt. Elektrische Uhren findet man naturgemäß gar nicht, aber es gibt auch sonst genug zu entdecken. Mich interessierte besonders die Mudge "blue", ein Marinechronometer von Thomas Mudge, das bei der Bestimmung des Längengrades auf See eine besondere Rolle spielte. Das Schwestermodell "green" war im Besitz des Time-Museums und wurde vor kurzem für 1,2 Mio USD versteigert. Die "blue" ist zum Glück ihrer blauen Zarge beraubt, sodass man Einsicht ins Werk bekommt. Außerdem zeigt das Museum noch einen der 26 Kopien, die Mudge Junior angefertigt hat. Damit sollte dann bewiesen werden, dass eine Serienproduktion von Marinechronometern möglich ist und somit das Längengradproblem gelöst ist.

Homepage: www.skd.museum

Musée International d'horlogerie, La-Chaux-de-Fonds

Dort fand von 27. Mai bis 18. September 2005 eine Ausstellung unter dem Titel "L'heure électrique" über elektrische Uhren statt. Zur Vorbereitung gab es ein hochkarätig besetztes Symposium am 10. und 11. September 2004. Teilnehmer waren z.B. Charlene Stephnes und Maggie Dennis vom Smithonian Institut oder André Beyner als Zeitzeuge der Entwicklung der elektrischen Uhr in der Schweiz. In der Ausstellung wurden Uhren aus zwei Privatsammlungen (Michel Viredaz und Jaime Wyss) gezeigt, ergänzt um Stücke aus dem Bestand des Museums.

Die Vielfalt der Uhren war unbeschreiblich. Es gab nahezu jeden zumindest in Europa hergestellten Typ einer elektrischen Großuhr zu sehen, wenn auch mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Schweizer Uhren (Perret, Hipp, Magneta, Favag usw.). Dass eine Alexander Bain nur als Foto zu sehen war, muss man hier schon als Besonderheit vermerken. Auch "Zubehör" wie Nebenuhrwerke, Batterien usw. waren vertreten. Ganz nebenbei präsentierte J.E. Bosschieter noch seine ausgezeichneten Animationen der diversen Uhren auf einem PC.

Da der Katalog noch im Handel erhältlich ist, gehe ich einmal davon aus, dass sich ein ernsthafter Sammler damit schon versorgt hat. Er ist ein absolutes Muss! Auch wenn man wie ich der französischen Sprache nicht mächtig ist, kann man unendlich viele Informationen entnehmen. Er enthält neben der Beschreibung der Ausstellung auch noch den Symbosiumsbericht.

Über den "Rest" des Museums kann ich nicht viel sagen, da ich noch unter dem Eindruck der Sonderausstellung stand und nicht mehr aufnahmebereit war. Das muss ich dann wohl bei einem zweiten Besuch würdigen.

Homepage: www.chaux-de-fonds.ch/musees/mih

Stadtmuseum Schramberg

Das Stadtmuseum Schramberg befindet sich im Schloss Schramberg, am Rande der Innenstadt. Als Heimatmuseum hat es die Aufgabe, die Industriegeschichte der Stadt darzustellen. Dazu sind seit 1983 die Dauerausstellungen zur Steingutherstellung und Uhrenfabrikation eingerichtet worden. Die präsentierten Uhren stammen zu einem großen Teil aus der Sammlung Junghans, ergänzt um eigene Ankäufe. Gezeigt wird zum einen der Übergang von der handwerklichen zur industriellen Fertigung der typischen Schwarzwalduhren und zum anderen die Geschichte der Firma Junghans, der größten Uhrenfabrik am Ort und zweitweise auch der Welt. Elektrische Uhren kommen dabei naturgemäß nur am Rande vor. Prunkstück der Ausstellung ist die Kunstuhr von Gustav Speckhard, die als Werbeobjekt auf der Weltausstellung 1900 in Paris zu sehen war.

Homepage: https://www.schramberg.de/de/Tourismus/Faszination-TECHNIK/Stadtmuseum

Vom 24. Juni bis 9. September 2007 gab es dort eine Sonderausstellung unter dem Titel "Die elektrischen Uhren im Stadtmuseum Schramberg". Gezeigt wurden Exponate nahezu ausschließlich aus dem eigenen Fundus, die in der Dauerausstellung nicht zu sehen sind. Diese hervorragende Ausstellung zeigte einige selten oder nie zu sehende Exponate, z.B. frühe Zeitregulierungssysteme nach Strahm/Junghans, Radiola oder TEL oder eine nahezu vollständige Kollektion der von Junghans hergestellten elektro-pneumatischen "Elektronom" Uhren und Uhrenanlagen. Den ausgezeichneten Katalog sollte man sich unbedingt noch besorgen.

[Update] Da schafft es eine kleine Gruppe ehrenamtlicher Mitarbeiter doch tatsächlich, in zwei aufeinanderfolgenden Jahren eine Ausstellung zum Thema "elektrische Uhren" auf die Beine zu stellen. Dieses Jahr (13. Juli bis 21. September 2008) waren die ATO-Uhren zu sehen. Nicht nur schöne oder seltene Stücke wurden ausgestellt (z.B. eine laufende Schlagwerkuhr von Haller & Benzing), sondern auch die Auswirkungen dieser Uhren auf die Schwarzwälder Uhrenindustrie bis zur Wende des "Quarzzeitalters". Auch hier gibt es wieder einen hervorragenden Katalog.

Time-Museum, Chicago

Das habe ich zwar nicht besucht, mir aber den Katalog der letzten Auktion besorgt. Dort wurden die elektrischen Uhren und andere Kuriositäten versteigert. Eine Auswahl der Zuschlagspreise befindet sich auf der extra Seite.

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