Die Armbanduhr Laco-electric

Eine elektrische Armbanduhr ist doch eine bemerkenswert, angenehme Sache für den Träger! Es ist sehr wohl denkbar, daß sich mancher Kunde diese Annehmlichkeit etwas kosten läßt: keine Sorge um das Aufziehen - weder einmal täglich, noch unregelmäßig, wenn eine Automatic-Armbanduhr vorübergehend nicht getragen wurde. Die elektrische Armbanduhr geht eben immer. Und hinzu kommt noch, daß sie mit einer geradezu unwahrscheinlichen Gleichmäßigkeit ihren einmal eingestellten Gang beibehält.

Allerdings bedarf der von der Fabrik einregulierte Gang oft noch einer Korrektur durch den Uhrmacher. Und auch für diesen ist die Prozedur gegenwärtig noch sehr wenig angenehm. Zwar sind 10 Sekunden tägliche Abweichung für eine Uhr relativ wenig - aber sie summieren sich; auch eine Minute pro Woche ist kein schlechtes Ergebnis. Laco macht auch darauf aufmerksam, daß für ihren Preis die elektrische Armbanduhr billig ist. Und in der Tat ist das Werk der Laco-electric in seiner durchaus bescheidenen, soliden Bauart und Fertigung eine Durchschnittsuhr, wenn wir die Luxus-Vollendung feiner Markenuhren dagegenstellen.

Die erwähnte Gleichmäßigkeit des Ganges der elektrischen Uhr ist das Resultat des direkten Antriebes der Unruh, der ja ohne die Kraftschwankungen der Zahnrad-Eingriffe erfolgt. In der mechanischen Uhr schwankt die Schwingungsweite der Unruh sehr oft durch diese Eingriffsfehler in kurzen oder - noch gefährlicher - langen Perioden, die sich natürlich auch auf das Schwingsystem auswirken. Der wechselnde Einfluß der Ankerhemmung bei veränderter Schwingungsweite entfällt bei dem direkten Antrieb der Unruh, zumal die Batterie fast bis zum völligen Verbrauch einen sehr konstanten Strom liefert. Ferner ist die erhöhte Schlagzahl der Unruh zu erwähnen, die mit 21 600 Schlägen (oder Wechseln) ein ausgesprochener "Schnellschwinger" ist, wodurch die Stabilität der Schwingungsdauer mehr als bei den Normalschwingern gesichert ist.

Allerdings ist diese Erhöhung der Schwingungszahl nicht nur dieser Eigenschaft wegen erfolgt, sondern sie ist technisch notwendig gewesen, um den Sekundenzeiger die volle Sekunde springen zu lassen ("seconde morte"). Hierzu muß die Schwingungszahl eine ganze Zahl sein, und nicht wie bei der Standard-Schwingungszahl 2,5 Hz.

Die Werkfunktion wird insgesamt lediglich von der Unruhwelle aus gesteuert. Das Schaubild zeigt alle diese Vorgänge zusammenhängend; aus Gründen der besseren Darstellung wurde eine kleine Änderung vorgenommen durch die Vertauschung der Teile 5 und 9, wodurch die Amplituden-Begrenzung durch den Anker 10 nicht verdeckt wird, was sonst nicht zu vermeiden gewesen wäre.

Oben auf der Unruhwelle sitzt die Spiralfeder (1) in flacher Ausführung der Güteklasse Nivarox I, also mit dem geringsten Temperaturfehler. Von der Überlegung ausgehend, daß dieses Schwingsystem durch den sehr konstanten Antrieb gar nicht in "kleine Schwingungsweiten" kommt, hat man ganz bewußt auf die Berücksichtigung des "inneren Ansteckpunktes" verzichtet; man stiftet die Spiralen so an, wie es gerade kommt! Bei der vorliegenden Uhr ergab sich - also zufällig - der Ansteckwinkel von 90 Grad, was nach den Regeln von Leroy-Caspari einen mehr isochronen Gang ergibt. Im Gegensatz hierzu sind die meisten Uhren auf "volle Umgänge" angestiftet, wodurch sich ein möglichst großer Vorgang in kleinen Schwingungsweiten ergeben soll, um das Nachgehen der Uhr in kleineren Schwingungsweiten auszugleichen oder zu vermindern.

Durch den Kontakt (2) steuert sich das Schwingsystem selbst, indem bei Kontakt-Schluß in jeder Schwingungs-Richtung die Batterie einen Stromstoß in die Unruh-Spule schickt. Dies geschieht über dem Dauer-Magneten, zwischen dessen Außenpolen und der Unruh-Spule sich der Antriebsimpuls entwickelt. Die Kontaktfeder (3) ist ihrer Länge wegen durch einen starren Schutzrahmen geschützt. Ein lockeres Rohr auf dem Ende der Kontaktfeder dämpft die freien Schwingungen der Feder beträchtlich. Die Kontaktteile (2) bestehen aus einer Gold-Silber-Palladium-Legierung. Hinter dem Kontaktstift sitzt ein Halbrundstein, der sowohl zur Stützung als auch zur Verminderung des Kontaktfunkens dient.

Die Unruh (4) ist ein vom Herkömmlichen völlig abweichendes Gebilde. Ihre Form bestimmt die außermittig angeordnete Drahtspule und ihr Gegengewicht. Die Spule mit den 0,02 mm dünnen Drahtwindungen ist zwischen ihre Halte-Arme eingeharzt. Die Unruh ist ganz einfach aus Messing gefertigt. An ihrem Gegengewicht fällt ein Stift auf, der jedoch nicht zur Begrenzung dient wie bei der Zylinder-Unruh, sondern hier erfolgt die Arretierung der Uhr beim Einstellen der genauen Sekunde; bei jedem Herausziehen der Krone wird die Unruh angehalten, und zwar stets in einer Stellung, aus der die Uhr beim Eindrücken der Krone auf der Werk-Rückseite sofort wieder angeht!

Antrieb der laco-electric
Schema vom elektromagnetischen Antrieb der Laco-electric: (1) flache Spiralfeder, (2) Kontakt-Stift, (3) Kontakt-Feder, (4) Unruh mit Antriebs-Spule (unten), (S) Fortschalt-Stein für Zeiger-Betätigung, (6) Schaltrad mit Spezialtrieb im Eingriff zum (7) Zentral-Sekundenrad, das unter Einwirkung der (8) Schaltklinke "volle Sekunden" springt. (9) Hebelstift zur Begrenzung der Schwingungsweite durch (10) Anker mit Magnet-Arretierung.

Die Zeigerwerk-Fortschaltung wird durch den Stein (5) betätigt. Bei jeder vollen Schwingung wird das Rad (6) um einen Zahn weitergedreht. Durch die Magnete unter zwei Zähnen des Rades wird die jeweilige Stellung sanft gesichert. Bei der Rückschwingung schiebt der Stein (5) das Rad etwas zurück und der Magnet zieht den Radzahn wieder in die schaltbereite Stellung vor. Das 6er-Schalt-Trieb dieses Rades dreht jedoch das Sekundenrad (7) nicht ständig weiter, sondern erst nach drei Schaltungen erreicht die Flanke des Triebes die Flanke des im Eingriff stehenden Sekundenrad - Zahnes und nimmt bei der nächsten Schaltung dieses Rad (7) ein Stück mit, so weit, daß die Schaltklinke (8) den größten Teil des vollen Sekunden - Sprunges veranlassen kann. Die Schaltklinke (8) steht unter der Einwirkung einer zarten Drahtfeder, die in den Schaltarm eingelassen ist.

Zur Begrenzung der Schwingungsweite bewegt der Stift (9) jedesmal den Anker (10) hin und her. Da dieser ohne den Anzug eines Ankerrades kraftlos hin und her schlottern könnte, dienen auch hier zwei Magnete dazu, um die jeweilige Endstellung des Ankers zu sichern. Alle diese Magnete werden von dem großen Dauer-Magneten für den Unruh-Antrieb erregt, als Abfall-Produkt! Um einem "Kleben" des Ankers an den Magneten vorzubeugen, erfolgt die Begrenzung des Ankers nicht an diesen Magneten, sondern früher durch den Stift zwischen dem Gabel-Gegengewicht.

Die Gangleistungen der Laco-electric wurden zunächst einer Zeitwaagen-Prüfung unterzogen, und die Uhr sofort - wie bei einem Privatkunden! - am Arm getragen. Es ergab sich ein täglicher Vorgang von etwa 8-10 Sekunden; die Lagen-Ergebnisse betrügen demgegenüber: Blatt oben + 23 sec, Blatt unten + 12 sec, Blatt links + 11 sec, Blatt oben + 13 sec.

Für eine Durschschnitts-Uhr - als die die Laco-electric gedacht ist - zweifellos ein brauchbares Ergebnis. Zumal der Gang durch fehlende Schmierprobleme und Hemmung wahrscheinlich stabiler bleiben wird als bei einer mechanischen Uhr, deren Gang sich nach einigen Monaten erfahrungsgemäß ändert. - Andererseits vermag man diese Uhr durch die bequeme Zeigerstellung mit der Unruh-Arretierung um einen entsprechenden Betrag anzuhaken, und im Augenblick des Zeitzeichens genau wieder in Gang zu setzen. Es sollte jedoch der Versuch unternommen werden, den täglichen Vorgang zu reduzieren, denn nicht nur von mechanischen Uhren, 'sondern erst recht von Selbstaufzug - Armbanduhren ist man schon recht verwöhnt. Gangabweichungen von 3-1 Sekunden täglich sind ja keine Seltenheit.

Aber während bei den bisherigen Uhren eine solche Rückerverstellung eine Kleinigkeit ist, besonders mit einer Feinstell-Vorrichtung, ist hier dieses Unterfangen zeitraubend, da man gezwungen ist, die Uhr aus dem Gehäuse zu nehmen. Das Werk ist jedoch nur nach vorn herauszuholen, und dazu müssen auf der Rückseite erst die Batterie und der Zeigerstellknopf entfernt werden. Das eingepreßte Glas ist mit einem der bekannten Werkzeuge oder der Laco-Spezial-Zange abzunehmen, um sodann das Werk herauszuschütten.

Um die Rücker-Wirkung auf der Zeitwaage kontrollieren zu können, muß die Energie-Zelle mit Hilfe einer Hilfsfeder, die dazu geliefert wird, am Werk befestigt werden, denn ohne die Zelle geht die Uhr ja nicht. Die Feder muß unter die etwas gelockerte Schraube der Sicherungsplatte unter der Unruh geschoben werden. Für einfache Uhren mag der berüchtigte kurze Rücker-Stummel allenfalls ausreichen, aber man verliert viel Zeit. Mit Recht ist er Jedem Uhrmacher ein rotes Tuch. Beim Regulieren einer Uhr auf Sekunden-Differenzen reguliert man mühsam hin und her, bis der Diagramm-Strich des Schreibgeräts eine etwas weniger geneigte Linie ergibt. Dreimal mußte die Uhr ausgebaut werden, um immer noch einmal zu versuchen, ein günstigeres Ergebnis zu erreichen. Der Wieder-Einbau des Werkes ist zwar bald Routine-Sache, aber trotzdem wird der Uhrmacher sich mit dieser Art von Reglage anfangs nicht befreunden, besonders, wenn der Kunde darauf warten will.

Leider ist der Rücker-Zeiger von dem offenen Batterie-Loch nicht erreichbar, was mit einem geänderten Rückerzeiger auf relativ einfache Weise möglich wäre. Oder es sollte eine Bohrung erwogen werden die - unmittelbar ' über dem Rücker angebracht - mit einer etwa 2 - mm - Schraube abgedichtet werden kann. In dem Loch hätte man durch eine Stütze, um den kurzen Rücker sicher ein Minimum "weiterzuhebeln".

Die außerordentliche Gang-Stabilität läßt natürlich eine Feinstell - Vorrichtung wünschenswert erscheinen. Da die Uhr mit der - von der Fabrik vorgeschriebenen - fest anliegenden Spiralklinge Lagen - Differenzen zwischen "Flach" und Senkrecht aufweist, ist auch an den neuen Triostat-Rücker zu denken, mit dem zusätzlich das Spiel der Spirale im Schlüssel regelbar ist. Schließlich verführen sowohl die wartungslose Trag- -weise, als auch der sehr gleichmäßige Gang der Laco-electric dazu, die Uhr lange Zeit laufen- : zulassen, ohne sie zu stellen. Andererseits _ verleitet aber der so exakte, volle Sekunden-Sprung ganz besonders dazu, die Uhr öfter als eine andere mit dem Zeitzeichen zu vergleichen!

Daß die Laco-electric ohne weiteres Chronometer-Qualität besitzt, beweist der Gangschein mit dem Prädikat "Besonders gute. Ergebnisse" des "Deutschen Hydrographischen Instituts" Hamburg, den die Uhr nach der Rücker-Verstellung erhielt.

SONDERDRUCK AUS DER FACHZEITSCHRIFT "DIE UHR" AUSGABE 1/1963

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