Lip Armbanduhren
Sammlung: Von links nach rechts: "Electronic" Kal. R184 (1971), Mach2000 Kal. R184 (1975),
Mach2000 LED (1976), Mach 2000 Kal. R053 (1976), Mach2000 Nachbau mit ESA Quarzwerk (1989)
Die französische Firma Lip ist vor allem in Erinnerung durch den Streik 1974 und 1976 bei dem die Produktion von der Belegschaft alleine weitergeführt wurde. Markante Uhren waren die Designermodelle "Mach2000" von 1975. Der Sammler elektrischer Uhren erinnert sich an die erste französische elektrische Armbanduhr "Lip Electronic" Kaliber R.27 von 1958.
Geschichte
(nach: Doensen1994, Trueb in: Chronos 2003/2)
1867 | Emmanuel Isaac Lipmann (1844-1913) aus dem Elsass gründet eine Uhrmacherwerkstatt in Besançon. |
1896 | "Lip" wird zum ersten Mal als Markenname verwendet |
1900 | Anfang des 20. Jahrhunderts wird unter der Leitung der Söhne Ernest
(1869-1943) und Camille (1872-1947) eine Uhrenmanufaktur gegründet. Im Auftrag der Firma entwickeln die Geschwister Curie einen Leuchtstoff aus Zinksuflfit mit Radium als Leuchtmasse für Zeiger und Zifferblätter. |
1914 | Im Ersten Weltkrieg werden Geschosszünder gebaut. |
1931 | Weltwirtschaftskrise: Lip geht haarscharf an einem Konkurs vorbei Frédéric-Samuel (1905-1996), Sohn von Ernest Lipmann tritt in die Firma ein. Er ändert später seinen Namen in Fred Lip. |
1933 | Lip ist größter Französischer Uhrenproduzent (360 Mitarbeiter, 40000 Uhren pro Jahr) |
1935 | Pendulette mit elektrischem Aufzug |
1936 | Fred Lip wird Technischer Direktor. Entwicklung eines Unruhmotors in Zusammenarbeit mit Ericson. |
1939 | Zweiter Weltkrieg: Das Werk in Besançon wird requiriert und fabriziert Junghans Uhrwerke. |
1945 | Fred Lip sorgt für die Rückführung der abtransportierten Maschinen und produziert in diesem Jahr mit 200 Mitarbeitern 50000 Uhren. |
1952 | 19.3.52: Ankündigung der
"elektronischen" (da sie eine Funkenlöschdiode enthält)
Armbanduhr, zeitgleich mit Elgin in Chicago. Im Laufe der nächsten Jahre werden weitere Prototypen der "Electronic" vorgeführt. Weiterhin beantragt die Firma ein Patent für eine transistorisierte Armbanduhr, die jedoch bis auf einige Prototypen nie gebaut werden sollte. |
1958 | 7.12.58: Erster Verkauf der Lip Electronic mit dem Werk R.27 in Frankreich. |
1961 | Inbetriebnahme des neuen Werks in Palente (6km von Besançon). Das Werk ist ausgelegt für 1500 Mitarbeiter und einer Jahresproduktion von 500000 Uhren, die jedoch nie erreicht wird. |
1967 | Anfang der 60er Jahre gerät Lip in Schwierigkeiten: Die Fabrik in
Palente ist nicht ausgelastet. Es werden maximal 300000 Uhren pro Jahr
gefertigt und das Geschäft mit Geschosszündern, für deren Produktion
die Fabrik ebenfalls ausgelegt wurde, bricht zusammen. Außerdem werden
zunehmend Billiguhren mit Stiftankerwerken (vor allem von Timex aus Besançon
unter dem Markennamen "Kelton") vermarktet, die Fred Lip aber
grundsätzlich ablehnt. 1967 übernimmt der schweizer Konkurrent Ebauches S.A. ainen Anteil von 33% des Aktienkapitals, der 1970 auf 43% aufgestockt wird. Die notwendigen Restrukturierungsmaßnahmen scheitern aber am Widerstand der Gewerkschaften und der kompromisslosen Haltung Fred Lips. |
1971 | Fred Lip tritt zurück und wird durch Jacques Saintesprit (von der ASUAG)
ersetzt. Das erste Lip Quartwerk R32 ist produktionsreif (Basis Durowe 7423). |
1973 | Nachdem es auch weiterhin nicht gelungen ist, Restrukturierungsmaßnahmen durchzusetzen, muss Lip im April 1973 Konkurs anmelden. Im Juni wird die Fabrik in Palente besetzt, und die dort lagernden 65000 Uhren werden von der Belegschaft verkauft. Der Versuch, die Produktion in Eigenregie weiterzuführen, scheitert im August nach 57 Tagen Besetzung. |
1974 | Im März 1974 übernimmt Claude Neuschwander die Leitung. Während dieser Zeit werden die Designer Uhren (Mach 2000, Verkauf ab 1975) entwickelt, die der Firma einen kurzen Aufschwung bescheren. 1975 kommt es zu einem Abnahmevertrag mit Dugena. Lip erwirtschaftet trotzdem weiter enorme Defizite. |
1976 | Im Februar 1976 tritt Neuschwander zurück. Im April ist Lip erneut zahlungsunfähig. Zweite Besetzung der Fabrik durch die Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaften Die lagernden Uhren und später auch in Eigenregie assemblierte werden auf der Straße zum halben Preis verkauft. Damit wird aber auch das Vertriebsnetz nachhaltig zerstört. |
1980 | Ende der Firma: Die letzten 170 Arbeiter gründen eine Kooperative "Les Industries de Palente" abgekürzt LIP. Aber auch dieser Versuch, den Namen Lip und die Arbeitsplätze zu retten, scheitert. 1982 wird der Vertrieb an die SMH (Société Mortuacienne d'Horologie aus Morteau) abgegeben. |
1984 | Der Markenname Lip wird an die SMH verkauft. 1985 wird die Uhrenproduktion nach Morteau verlegt. Die SMH (mit den Markennamen Lip und Kiplé) erlebt u.a. mit den Mach 2000 Modellen eine kurze Blüte. Als jedoch 1989 der Inhaber Jacques Bouhelier in den Ruhestand tritt und die Aktienmehrheit verkaut, bricht auch die SMH zusammen. |
1990 | Im Frühjahr 1990 wird die SMH liquidiert. Dabei erwirbt Jean-Claude Sensemat die Marke Lip. und vertreibt unter diesem Label erneut Uhren, u.a. immer noch Modelle Mach 2000 mit dem Design von Roger Talon. |
1996 | Fred Lip stirbt 92-jährig in Paris. Er hatte sein gesamtes Vermögen bei dem Konkurs 1973 verloren. |
Patente
siehe Lip-Patente
Literatur
- Maria-Pia Auschitzky-Coustans: Lip
des heures à conter
Seyssinet (Frankreich): Edition Libris 2000 [Auschitzky2000] - Lucien F. Trueb: Zeitmessung auf Französisch
Lip Firmengeschichte
In: Chronos, Heft 2, März 2003
Ulm: Ebner Verlag 2003 [Chronos 2003/2] - Lucien F. Trueb: Die neue Lip
Viel versprechende Rückkehr
In: Chronos Spezial Basel/Genf, Sonderheft 1, 2003
Ulm: Ebner Verlag 2003 [Chronos Spezial 2003/1]
Firmenschriften
-
Chronometer Lip Electronic:
Technische Mitteilung zu Kaliber R.27
Besancon (FR): o.J [Lip1960] -
Lip Electronic R.148:
Reparaturanleitung
Besancon (FR): 1974 [Lip1974]
Links
- watchesz.free.fr/mfa/montres_francaises_anciennes.htm "Les grandes heures de LIP"
- people.timezone.com/msandler/Articles/DownesLip/Lip.html Nick Downes: LIP (Artikel erschienen in Timezone.com)
- www.watch-wiki.org LIP im Watch-Wiki
- www.lip.fr Offizielle LIP Website
- www.histoire-lip.com Dort gibt es auch das Buch von Jean-Claude Sensemat: "Wie ich LIP gerettet habe" als PDF
- www.sensemat.info Alle Sites von Jean-Claude Sensemat