Junghans - Silent
Beschreibung
Seit einem Artikel von Peter Rastätter über die Junghans Silent Wecker aus dem Jahr 2007[1] bin ich hinter diesem Wecker her. Und nachdem im alten DGC Forum ein solches Werk gezeigt wurde[2], war ich mir auch sicher, dass ich keinem Phantom hinterher jage. Zwischenzeitlich habe ich diesen Wecker natürlich auch im Stadtmuseum Schramberg anlässlich der Ausstellung ihrer elektrischen Uhren (hups, hat aber gar nichts mit Strom zu tun) gesehen.[3] Jetzt ist es mir endlich gelungen, ein Exemplar zu ergattern, und dann meiner Meinung nach auch ein besonders Schönes: Cremefarbenes Gehäuse mit einem Max Bill Zifferblatt (man beachte die Typographie der Zahlen).
Junghans Silent Wecker mit W283/500 und "Max Bill" Zifferblatt
Junghans Silent Wecker Rückseite
Mich interessierte natürlich die Technik. Meines Wissens nach ist dies die einzige kommerziell in großen Stückzahlen gebaute Uhr, bei der eine magnetische Hemmung nach Clifford eingebaut wurde. Auch Clifford selbst erwähnt in seinem Beitrag für die Electrical Horology Group der Antiquarian Horological Society[4] nur diese Uhr. Im Netz findet man nur noch eine Hamilton Taschenuhr[5], von von der es zwei Prototypen gegeben haben soll.
Die magnetische Hemmung nach Clifforddes Junghans Silent Weckers
Mein Werk unterscheidet sich deutlich von dem Werk, welches seinerzeit im DGC Forum vorgestellt wurde. Das Werk dort ist anscheinend ein früher Prototyp, während meines ein Serienmodell ist bei dem zahlreiche Verbesserungen von Junghans eingebaut wurden[6].
Eigentlich sammle ich elektrische Uhren. Dieses Modell passt aber trotzdem gut in die Sammlung, weil die Umkehrung des Prinzips der magnetischen Hemmung, also die magnetische Fortschaltung, in zahlreichen Uhren der 60er und 70er Jahre verwendet wurde. Beispielsweise verwendeten Jeco (Wecker und Armbanduhr), Citizen (Elitron), Schatz und Diehl (Resonic) für mittelfrequente Biegeschwinger und Stimmgabeln eine magnetische Fortschaltung. Bulova hat sie aber im Gegensatz zu der Behauptung von Peter Rastätter nie eingesetzt.
[1] Peter Rastätter: Junghans Silent - Ein Wecker mit magnetischer Hemmung
in: KlassikUhren 6/2007
in ähnlicher Form auch in:
Lixfeld (Hrsg.): Uhrzeiten - Innovationen in Technik und Design
[2] www.dg-chrono.info/dg-chrono.de/forumalt/viewtopic.php?f=2&t=132&start=30
[3] Gisela Lixfeld (Hrsg.): Die elektrischen Uhren im Stadtmuseum Schramberg
Katalog zur Ausstellung im Stadtmuseum Schramberg, 24. Juni bis 9. September 2007
[4] Cecil F. Clifford: The Magnetic Escapement
AHS EHG Lecture No. 9 (1972)
[5] z.B. Antiquorum, Important Collectors' Wristwatches, Pocket Watches & Clocks, 02-04-2006, Lot 401
[6] siehe das deutsche Gebrauchsmuster 1.825.494U vom 18.1.1958
Varianten
Laut Flume Werksucher gibt es zwei verschiedene Varianten dieses Werkes
- Kaliber 283/500: Bivox, magnet. Hemmung, Gehwerk-Federrad
- Kaliber 283/506: Bivox, magnet. Hemmung, Gehwerk-Federhaus
Das Werk in meinem Wecker ist offensichtlich 283/500, wie auch ein Vergleich der abgebildeten Rückenplatinen zeigt. Im DGC Forum hat ein Mitglied auf die Vorstellung meiner Uhr Bilder von dem zweiten Kaliber 283/506 angehangen. Bei diesem Werk hat das "Hemmrad" aber eine Zapfenlagerung und keine Körnerlagerung, wie bei meiner Uhr. Die Angaben im Flume Werksucher (Körnerschraube KS6100) kann also nicht stimmen oder es gibt noch eine dritte Variante des Werkes.
Uhren mit magnetischer Hemmung bzw. Fortschaltung
- 1950: Hamilton "Railway Special" (Prototyp, 2 bekannt Exemplare)
- 1960: Junghans Silent Kal. 283/500, (283/506, geschl. Federhaus)
- 1965: Jeco (NIHON DENKI TOKEI CO LTD) US 3.208.287, DAS 1.673.675B
- 1966: Jeco Armbanduhr
- 1966: Citizen Elitron "Japan's first electronic clock" (www.citizen.co.jp/ir/pdf/annual/AR2003.pdf)
- 1970: Schatz
- 1972: Omega Megasonic 720Hz, Kal. 1220/1230
- 1973: Diehl Resonic (Diehl 870, Junghans 770)
- ????: Hettich DAS 2.001.709 (W66 mit magnetischer Hemmung statt Klinkenvorschaltung)
- 2000: Seiko "Spring Drive" ???
Patente
Clifford (Horstmann Clifford Magnetics Ltd)
Patentnr. | Anmmelde- datum | Titel | DE Patent | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|
GB 596.216 | 18.04.1939 | Improvements in or relating to escapement mechanism | DE 914.837 | |
GB 644.000 | 12.02.1947 | Improvements in or relating to escapement mechanism | DE 916.160 | Zusatz zu GB 596.216 |
GB 660.581 | 10.06.1948 | Improvements in or relating to escapement mechanism | DE 809.420 | |
GB 660.584 | 28.07.1948 | Improvements in or relating to escapement, counting and like mechanism comprising a rotor coupled by magnetic forces to an oscillatory or reciprocatory device for synchronous movement therewith | DE 812.615 | Festlegung der Drehrichtung durch asymmetrisches Wellenrad |
GB 698.406 | 28.05.1949 | Improvements in or relating to magnetic escapement mechanism | - | |
GB 759.581 | 15.07.1950 | Improvements in or relating to escapement or driving mechanism having relatively rotatable and oscillatable magnetically coupled parts | DE 954.944 | |
GB 742.302 | 14.03.1951 | Frequency controlling and regulating means for the oscillating elements of magnetic escapements | DE 1.146.005 | |
GB 798.261 | 07.11.1953 | Improvements in or relating to magnetically coupled oscillatory and rotary motions | DE 1.171.824 | Schwungscheibe auf Wellenrad |
GB 851.216 | 09.05.1957 | Frequency controlling and regulating means for mechanical oscillators | DE 1.200.753 | Besondere Form der Regulierschraube |
Junghans
Patentnr. | Anmmelde- datum | Titel | Bemerkungen |
---|---|---|---|
DE 1.103.260 | 24.01.1956 | Magnet-Gangordner | Schwingfeder zur Justierung drehbar gelagert |
DE 1.106.258 | 24.01.1956 | Magnet-Hemmung | Schwingfeder aus Lamellen zusammengesetzt, angenietete Durchlaufsicherung |
CH 339.142 | 18.01.1957 | Magnetische Hemmung | Priorität Deutschland 24.01.1956 (Hauptansprung und Unteranspruch 1 und 2) Unteranspruch 3: Modulbauweise, Unteranspruch 4: Kraftausgleich |
DE 1.825.494U | 18.01.1958 | MAGNET-GANGREGLER-ANORDNUNG. | Gebrauchsmuster, Inhalt wie Schweizer Patent 339.142, zusätzlich Reguliervorrichtung |
DE 1.845.794U | 01.10.1959 | MAGNETISCHE HEMMUNG. | Gebrauchsmuster, andere Bauform der Schwingfeder |
DE 1.822.490U | 17.03.1960 | REGULIEREINRICHTUNG FUER GANGREGLER-ANORDNUNG. | Gebrauchsmuster, andere Reguliervorrichtung |
Literatur
- C. F. Clifford: The History of Magnetic Escapements
in: Berichtsband zum 6. Internationalen Kongress für Chronometrie 1959 - Cecil F. Clifford: The Magnetic Escapement
AHS EHG Lecture No. 9 (1972) - Peter Rastätter: Junghans Silent - Ein Wecker mit magnetischer Hemmung
in: KlassikUhren 6/2007
in ähnlicher Form auch in
Lixfeld (Hrsg.): Uhrzeiten - Inovationen in Technik und Design, Schramberg: 2011
Begleitbuch zur Ausstellung des Stadtmuseums Schramberg zum 150-jährigen Jubiläum der Uhrenfabrik Junghans - Antiquorum Aktionskataloge (s.u.): Hamilton "Railway Special"
- Wise, Electric Clocks, 1951(2), S. 79ff
- Frank Hope Jones: Electrical Timekeeping, London 1948(2), S.48ff
"The Horstmann Gear Co. Ltd., of Bath, were the first to associate themselves with its development, and the invention will be handled by Horstmann Clifford Magnetics Ltd.
Fundamental inventions in horology are rare and its a pleasure to review one so revolutionary." - Günther Glaser (Hrsg.): Handbuch der Chronometrie und Uhrentechnik, Band III - Elektrische Uhren
Kap. 1.6.2 Magnetische Fortschaltvorrichtungen (MFV)
Kap. 3.5.3 Mittelfrequente Biegeschwinger
Links
Eine Taschenuhr mit magnetischer Hemmung wurde bei Antiquorum gleich zweimal versteigert:
CLIFFORD MAGNETIC ESCAPEMENT Hamilton, "Railway Special", No. C390218.
- Antiquorum, Important Collectors' Wristwatches, Pocket Watches & Clocks, 02-04-2006, Lot 401
- Antiquorum, Important Modern and Vintage Timepieces, 11-03-2012, Lot 52